Franz Salzner hat 1948, nach dem Abschluß seiner Ausbildung an der HTL Steyr, zunächst ein Jahr bei STEYR-DAIMLER-PUCH AG gearbeitet, und zwar – wegen der schlechten Wirtschaftslage, in der HTL-Absolventen keine Anstellung fanden – nicht als Ingenieur, sondern als Schlosser. Als Ing. Hladik, ein älterer Kollege bei STEYR-DAIMLER-PUCH, der bereits während des Kriegs Chefkonstrukteur unter Oskar Hacker gewesen war, zu der damals gerade gegründeten Firma MOTOMULI – Schuster, Hacker & Co., Komm. Ges. in der Nauseagasse 25 im 16. Wiener Gemeindebezirk wechselte, wo im Frühjahr 1949 die Entwicklung des Motormuli begonnen hat, konnte auch Ing. Salzer mit ihm mitgehen und trat im August 1949 in diese Firma ein, wie dann auch weitere STEYR-DAIMLER-PUCH Mitarbeiter zu MOTORMULI wechselten, z. B. Ing. Georg Fädler von der Versuchsabteilung.
Bei MOTORMULI war Ing. Salzner zunächst als Detailkonstrukteur im Konstruktionsbüro eingesetzt und wurde 1951 – nach Eröffnung des Produktionsstandorts Molln – als Verbindungskonstrukteur zwischen Entwicklung und Fertigung nach Molln zugeteilt, wo er sich seinen Arbeitsraum in der Produktionshalle (vom Eingang aus gleich rechts) mit dem Prokuristen Walter Nowak teilte. Oft mußte er in dieser Eigenschaft als Bindeglied zwischen Konstruktion und Fertigung von Molln mit dem Zug nach Wien fahren, um Konstruktionselemente, die sich in der Praxis nicht bewährten, im Rucksack ins Stadtbüro bringen, wo sie umkonstruiert wurden.
Motormuli-Führungspersonal vor der Montagehalle (Ing. Franz Salzner 2. v. r.)
Von den verschiedenen Detailkonstruktionen Ing. Salzners sei ein Gummivariatorgetriebe hervorgehoben, das er für Hacker gebaut hat, der ein großes Interesse an stufenlosen Getrieben (in Form von Reibradgetrieben) besaß. Während das ursprünglich gebaute stufenlose Konusgetriebe völlig versagte, weil die damaligen Materialien den erforderlichen Anpreßdrucken am Kegel nicht standhielten – beim Durchrutschen war der Kegel gleich kaputt – hat Ing. Salzner ein stufenloses Getriebe mit Gummivariator gebaut, wobei auf dem Pilz, der auf dem Konus gelaufen ist, ein Gummibelag aufgebracht war. Zwar kam auch dieses Getriebe für das Motormuli nicht in Frage, aber Hacker hatte dabei eher an die Werkzeugmaschinen des Teilhabers Schuster gedacht.
Der jugendliche Ing. Franz Salzner (damals ca. 25 Jahre alt) posiert auf der „Matchless“ von Adolf (Adi) Loidl
Ing. Franz Salzner (li) und (Ob.)Ing. Ernst Blaha
Als 1954 die Probleme der MOTORMULI immer größer wurden, hat Oskar Hacker in einer Art, die Ing. Salzner als sehr nobel empfunden hat, ihn angesprochen, „Herr Salzner, ich sehe momentan das andere Ufer nicht …“ und so mußte sich dieser um eine andere Beschäftigung umsehen. Im Oktober 1954 hat er die MOTORMULI verlassen und bei der Firma DOUBRAVA eine Arbeit aufgenommen – diese in Attnang-Puchheim ansässige Firma war ihm sehr vertraut, weil sie als Auftragnehmer der MOTORMULI geliefert hat.
Allerdings blieb Ing. Salzner nur drei Monate dort; im Februar 1955 hat er eine Tätigkeit bei der Firma EISENBEISS in Enns aufgenommen, wo er sich sehr intensiv mit Getrieben beschäftigt hat. Im Juli 1959 ist er zurück Steyr-Daimler-Puch, in deren Konstruktionsbüro er zunächst an LKWs gearbeitet hat, dann aber zu den Traktorengetrieben gewechselt hat.
Für die Firma ALPENTRANSPORT, welche nach der Schließung der MOTORMULI noch einige Jahrzehnte eine Anzahl von Schleppern für Forst- und Agrardienstleistungen betrieb, arbeitete er noch lange Jahre nebenberuflich mit, zumal die ALPENTRANSPORT neben ihren Dienstleistungen auch diverse Versuchsfahrzeuge entwickelte.
Nach der Insolvenz der MOTORMULI hat Oskar Hacker bei SAURER gearbeitet und auch für GRÄF & STIFT Entwürfe produziert; schließlich wurde er ca. 1958 bei der VÖEST Direktor und wollte Ing. Salzner zu sich holen, der sich jedoch dafür entschied, bei STEYR-DAIMLER-PUCH zu bleiben. Als anfangs der 1960er-Jahre Dipl.-Ing. Walter Hitzinger bei DAIMLER-BENZ Generaldirektor wurde, hat sich Hacker mit der Absicht getragen, dessen Einladung zu akzeptieren, von der VÖEST zu DAIMLER-BENZ zu wechseln und hat auch Ing. Salzner gefragt, ob er mitgehen wollte. Im Zuge dieses Vorhabens hat Hacker einen kleinen Jagdpanzer namens „Schildkröte“ für Luftlandetruppen entworfen, der für den Abwurf mit Fallschirmen vorgesehen war und für den verschiedene Bewaffnungsvarianten geplant waren. Ing. Salzner hat am Projekt „Schildkröte“ mitgearbeitet, das allerdings – wegen des plötzlichen Todes Hackers – nie über das Reißbrett hinausgekommen ist. Mit Oskar Hacker, der für den jungen Konstrukteur Salzner so etwas wie ein zweiter Vater war, war dieser auch nach dem Ende von MOTORMULI eng verbunden und über die erwähnten konstruktiven Belange hinaus in persönlichem Kontakt geblieben; er schätzte ihn sehr, sowohl wegen seiner überragenden technischen Fähigkeiten wie auch vor allem wegen seiner überaus menschlichen Art.
Bei STEYR-DAIMLER-PUCH war Ing. Salzner für sämtliche Triebwerke verantwortlich; 1975 wurde er Entwicklungsleiter für Traktoren und Landmaschinen; im Dezember 1987 ist Ing. Salzner schließlich in die wohl verdiente Pension gegangen.
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An dieser Stelle sei dem mittlerweile hochbetagten Herrn Ing. Salzner herzlichst für die vielfältigen Informationen gedankt, die in diese Dokumentation des Motormuli eingeflossen sind, ebenso für die vielen Bilder, die er zur Verfügung gestellt hat (auch die Bilder in diesem Abschnitt entstammen seinen Alben).